Werbener Theatergruppe „Altmärkisches Treibgut“ rüstet sich für die neue Spielsaison

Lesen Sie einen Beitrag der Volksstimme vom 11.01.2014. (Text und Foto Andreas Puls)
Die Theatergruppe Altmärkisches Treibgut feiert im kommenden Jahr bereits ihr zehnjähriges Bestehen. Gegründet hatte sich das Ensemble 2005 zur 1000-Jahrfeier der Hansestadt Werben. Zum großen Stadtjubiläum kam „Max und Moritz“ zur Aufführung.
„Stücke einstudiert und aufgeführt hatten wir als Eltern auch schon vorher. 2005 hat uns dann der ehemalige Bürgermeister Volkmar Haase angesprochen und vorgeschlagen, eine feste Theatergruppe zu gründen. Das war die Initiatialzündung. Wir nutzten zunächst Räume im Rathaus für unsere Proben, später zogen wir ins Pfarrhaus um“, erinnert sich Anna Radtke. Zu den Gründungsmitgliedern zählten seinerzeit neben Anna Radtke unter anderem Iris Lange, Gisela Hilscher, Petra Joensson und die im vergangenen Jahr verstorbene Ina Fischer. Außerdem gehörten Grit Stange aus Iden und Karen Christiansen-Weniger aus Königsmark mit zum Kreis der Darstellerinnen.
Im Laufe der Zeit gab es einige personelle Veränderungen und die Gruppe bekam Zuwachs. Sogar drei Männer stießen hinzu. Elisabeth Gellerich, Gisela Hilscher, Kerstin Mellenthin, Iris Lange, Petra Joensson, Margret Zwinzscher, Anna Radtke, Jochen Hufschmidt, Gerhard Seidel und Peter Stahl bilden gegenwärtig die zehnköpfige Theatergruppe.
Während anfangs Märchenstücke in Fokus standen, war es insbesondere Anna Radtkes Wunsch, sich an Anspruchsvolleres zu wagen. Da die überregional bekannten Biedermeier-Märkte in Werben die Hauptanlässe für die Auftritte der„Treibgütler“ wurden, stand schon früh fest, dass auch zur Biedermeierzeit passende Theaterstücke einstudiert werden sollten. Als Beispiele seien „Der zerbrochene Krug“ (Heinrich von Kleist), „Die deutschen Kleinstädter“ (August von Kotzebue), „Der Talisman“ (nach Johann Nestroy) oder auch die Inszenierung „Scherz, Satire, Ironie und tiefere Bedeutung“ nach Christian Dietrich Grabbe genannt. Aber auch Märchen der Biedermeierzeit wurden von der engagierten Truppe weiter inszeniert, etwa „Der gestiefelte Kater“ und „Die Bremer Stadtmusikanten“. Ein besonderer Höhepunkt und auch eine Anerkennung ihrer Arbeit war für die Hobbydarsteller das Gastspiel im Rahmen der Grünen Woche in Berlin mit dem Stück „Die Werbener Stadtmusikanten“.
Auf ein Projekt ist die Theatergruppe mit Recht besonders stolz – den Ausbau des eigenen Hoftheaters. Die Auftritte fanden zuvor meistens in der Salzkriche statt. Doch die mögliche Zeit zum Proben vor Ort war dort immer sehr eng bemessen. Darum entstand die Idee, einen eigenen Auftrittsort auszubauen. Die Möglichkeit dazu fand sich in einem ehemaligen Kuhstall auf dem Grundstück der Famile Gellerich in der Seehäuser Straße. Ein echtes Biedermeiertheater mit leicht auf- und abbaubaren Einrichtungsgegenständen sollte entstehen. Einen wichtigen Beitrag zur Umsetzung des Vorhabens kam von Nils Niemann vom Papiertheater Berlin (der auch von Gastspielen bei den Werbener Biedermeiermärkten bekannt ist).
„Nils Niemann beschäftigt sich seit langem intensiv mit historischen Theatern. Er stellte uns die Kopie eines historischen Buches zur Verfügung, aus dem wir detalliert entnehmen konnten, wie ein Biedermeiertheater gebaut wird. 2012 ging es los. Viel Eigenleistung wurde von den Mitgliedern der Theatergruppe selbst erbracht“, erzählt Elisabeth Gellerich.
Eine besondere Herausforderung war es, den abschüssigen Zuschauerraum in dem ehemaligen Kuhstall zu bauen. Mit seinem handwerklichen Können leistete Tobias Tietz beim Ausbau des Stallgebäudes zum Theater einen wichtigen Beitrag – insbesondere bei den Lehmbau-Arbeiten. Der Bau zog sich ein gutes halbes Jahr hin.
Die Eröffnung der 70 Plätze fassenden Spielstätte war ursprünglich für Juli 2013 geplant. Kurz vorher war jedoch leider das langjährige Mitglied der Gruppe, Ina Fischer, verstorben, sodass die Eröffnung und Uraufführung auf September verschoben wurde – auf den Tag des offnenen Denkmals.Zweimal öffnete sich an dem Nachmittag der Vorhang zur Darbietung „Der Wäscheschrank ist der Bücherschrank der Frau“, die Anekdoten, Erzählungen, Zitate und Gedichte zum Leben der Frau in der Zeit des Biedermeier (1815-1848) lieferte.
Auch wie es zu dem Namen der Theatergruppe kam, verrieten die Laiendarsteller am Mittwoch gegenüber der Volksstimme: die ursprüngliche Besetzung setzte sich ausschließlich aus Mitgliedern zusammen, die von außerhalb kamen und irgendwann in Werben „strandeten“. Heute wirken auch Ur-Werbener mit.
Ein Markenzeichen der Gruppe „Altmärkische Treibgut“ war und ist es bis heute, dass immer ohne Regie gearbeeitet wird. „Jeder trägt etwas zur jeweiligen Inszenierung bei. Und wer ein Stück vorschlägt, hat dann allerdings auch beim Einstudieren etwas den Hut auf“, erklärt Anna Radtke. „Wir machen alles in Eigenregie und verzichten auch bei den Aufführungen auf Hilfe von außen.“
Die Gruppe trifft sich konsequent an jedem Mittwoch zu Probeabenden. „Das ist auch erforderlich, denn wir arbeiten an teils sehr anspruchsvollem Stoff“, so Jochen Hufschmidt.Dass dies auch bei erfahrenen Theaterleuten von auswärts auf Anerkennung stößt, weiß die Gruppe von Resonanzen nach ihren Auftritten. „Altmärkisches Treibgut“ ist offen für neue Mitglieder. Voraussetzung ist jedoch die Bereitschaft zur engagierten Mitarbeit. Die regelmäßige Teilnahme an den Proben und das selbstständige Üben der Textpassagen sind sozusagen Pflicht. Welches Stück sich die Theatergruppe am Mittwoch für ihren nächsten Auftritt auserkoren hat, bleibt noch ein Geheimnis. Jedenfalls darf das potenzeille Publikum schon gespannt sein.
Foto von links: Elisabeth Gellerich, Gisela Hilscher, Gerhard Seidel, Anne Radtke, Kerstin Mellenthin, Iris Lange, Petra Joennson, Jochen Hufschmidt und Peter Stahl . Margret Zwinzscher fehlt.
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